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Der Jungfernfluch

Es war am 04. Juli 1311,

da zog der Markgraf Waldemar von Brandenburg durch Templin und rief seine Mannen zum Krieg gegen den Markgrafen von Meißen.
Auch der Ritter Gernot aus Vietmannsdorf folgte dem Aufruf seines Landesherrn.
Der Ritter hatte erst vor wenigen Tagen die blonde Jungfer Helene auf dem Markt in Templin kennengelernt und sie hatten sich ewige Treue geschworen.
Helenes Vater war der Scharfrichter Hugo, der wenige Meter von dieser Stelle hier seinem grausigen Beruf nachging. Er hatte seine Tochter bereits seinem Kollegen in Oranienburg versprochen.
Helene dachte aber nicht im Traum daran, den Wunsch ihres hartherzigen Vaters zu erfüllen.
Ein halbes Jahr später konnten die Truppen des Brandenburger Markgrafen den Sieg über die Meißner vermelden. Im Vertrag von Tangermünde vom 14. April 1312 bekam der Markgraf Waldemar von Friedrich dem Freidigen – Markgraf von Meißen –
30 000 Silbermark und umfangreiche Ländereien im Süden Brandenburgs vermacht.
Unser wackerer Recke Gernot schrieb seiner Helene während seiner Abwesenheit im Feldzug viele Briefe. Diese las sie, unter einer alten Weide traurig am Stadtsee sitzend, ihrem einzigen Freund, dem Seegeist Templinus vor.
Erst im Frühjahr 1313 konnte Ritter Gernot seiner Helene mitteilen, dass er im April um ihre Hand anhalten will. Für seinen Mut und seine Heldentaten hatte er vom Markgrafen Waldemar 100 Silbermark als Aussteuer erhalten.
Den Brief fing Helenes Vater Hugo ab und grübelte angestrengt darüber nach, wie er diesen ungeliebten Schwiegersohn los werden und er in den Besitz der 100 Silbermark kommen könnte. Er beriet sich mit dem Straßenräuber Alexander, der ihm noch einen Gefallen schuldig war, weil er ihn ein Jahr zuvor hatte vom Galgen gerettet und laufen lassen.
Die beiden finsteren Gesellen heckten schließlich einen noch finsteren Plan aus:
Als Ritter Gernot kurz vor den Toren Templins war, kam ihm der Bösewicht Alexander entgegen und tat so, als ob ihn Helene geschickt hätte. Beim Übersetzen des Bootes am Fährkrug stieß er den arglosen Ritter schließlich ins Wasser. Da Gernot seine schwere Rüstung trug, musste er jämmerlich ertrinken.
Der Mordbube brachte nach vollbrachter Missetat seinem Auftraggeber die 100 Silbermark, die sie teilten. Helene wurde kundgetan, dass ihr geliebter Rittersmann durch einen tragischen Unfall über Bord gefallen war, und zum Beweis zeigte man ihr das Schwert von Gernot.
Dieses hatte er neben sich abgelegt, als es das Boot betrat.
Zwei Tage später fanden die Fischer am Bruchsee den toten Gernot.
Helene trauerte drei Monate lang um ihren geliebten Gernot und vergoss heiße Tränen, die auf dessen Schwert geflossen sind und danach im sandigen Erdboden von Templin verschwanden.
Von der Trauer geschwächt und vom vielen Weinen nur noch ein Schatten ihrer selbst starb die Jungfer Helene am 20. Juli 1313.
Darüber war ihr bester Freund – der Seegeist Templinus – so erbost, dass er die beiden Mordbuben – den Scharfrichter Hugo und den Räuber Alexander – beim Angeln auf dem Templiner See aus dem Boot warf und sie grausam ertränkte.
An der Stelle, wo die Jungfer Helene um ihren geliebten Gernot getrauert hatte, sprach er folgenden Fluch aus: Die Tränen sollen ans Licht kommen an dem Tage, wo es den grausamen Beruf des Scharfrichters in Templin nicht mehr gibt. Frühestens jedoch heute, auf den Tag genau nach 700 Jahren, also am 20. Juli 2013.“
Und deshalb fließt fortan diese Quelle an diesem Ort. Und das Eisen im Quellwasser stammt davon, dass die Tränen der unglücklichen Helene vor langer, langer Zeit das Schwert ihres heimtückisch gemeuchelten Ritters benetzt haben.

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